Die Kritiker

«Tatort: Friss oder stirb»

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Der neue «Tatort» gibt sich als eine Milieustudie über die Schere zwischen arm und reich, doch anstatt damit zu überzeugen, ist „Friss oder stirb“ ein plakativer und plumper Versuch soziale Fragen zu thematisieren.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Stefan Gubser ist Reto Flückiger
Misel Maticevic ist Mike Liebknecht
Delia Mayer ist Liz Ritschard
Katharina von Bock ist Sofia Seematter
Roland Koch ist Anton Seematter

Hinter der Kamera:
Regie: Andreas Senn
Produktion: Corinne Steiner/ Valérie Schneider
Drehbuch: Jan Cronauer
Kamera: Philipp Sichler
Schnitt: Julia Steinke
Der in der Schweiz angesiedelte «Tatort» beginnt mit den Ermittlern Liz Ritschard und Reto Flückiger, die den Mord an einer Dozentin untersuchen. Die Ermittler entdecken nahe dem Tatort ein beschädigtes Auto, was durch einen Fluchtwagen verursacht worden sein könnte. Lackproben führen zu dem Fahrzeug des Unternehmer Anton Seematter. Derweil wird dessen Frau und Tochter von Mike Liebknecht in Geiselhaft genommen, der Seematter die Schuld an seiner Arbeitslosigkeit gibt und Forderungen an ihn stellt. In diese Geiselnahme werden auch die beiden Ermittler verwickelt, wenn auch nur ungewollt.

«Tatort: Friss oder stirb» ist ein offensichtlicher Kommentar über die Differenzen zwischen der wohlhabenden Klasse und der untersten. Doch so plump, wie der Film die Thematik angeht, ist der Beitrag zu dieser sozialen Thematik förmlich sinnlos. Die Charaktere sind eindimensional und selbst wenn sich mal eine weitere Facette andeutet, ist dies bereits von Weitem vorhersehbar. Die Reichen und finanziell Unabhängigen, die sich auf Party vergnügen, ein förmlich perfektes Leben führen und für die Geld nur ein Wort ist. Dem gegenüber steht Liebknecht, der den Prototyp eines Proletariers verkörpern soll, zudem noch geschieden ist und nur das Geld einfordert, das ihm als Festangestellter zugestanden hätte.

Der Mord an der Dozentin, mit dem die Folge beginnt, bekommt erst wieder in der Hälfte der Folge eine Relevanz. Bis dahin steht lediglich die Geiselnahme im luxuriösen Seematter-Anwesen im Vordergrund, sodass man die Dozentin bis dahin fast vergessen hatte. Der Mord an ihr steht in direktem Zusammenhang mit dem Geschehen im Anwesen, was zwar interessant ist, aber über die bis dahin aufgesetzte Charakterzeichnung auch nicht hinwegtäuschen kann. Im weiteren Verlauf wird immer wieder versucht diese Zeichnungen zu durchbrechen und mehrere Ebenen darzustellen als nur die der „Reichen“ oder „Armen“, wofür es zu diesem Zeitpunkt jedoch zu spät ist. Dafür wirken die meisten charakterliche Züge nicht nachvollziehbar und unverständlich.

Was ebenfalls unverständlich ist, sind Entscheidungen wie plötzlich den Rock-Klassiker „Paint It Black“ von The Rolling Stones einzuspielen, obwohl es dafür weder Sinn und Zweck an jener Stelle gibt. Dass in einer späteren Auseinandersetzung in einem Keller auf einmal mit einem Sturmgewehr geschossen wird, gehört ebenfalls zu den seltsamen und unpassenden Entscheidungen im Handlungsverlauf.

Zugegeben, das Ansprechen einer solch schwierigen Thematik wie die der Klassenunterschiede ist keine leichte Aufgabe. Auch wenn «Tatort: Friss oder stirb» in dieser Hinsicht durchaus ambitioniert ist, schafft er es nicht seine eigens gestellten Ambitionen zu erfüllen und bleibt somit ein kaum nennenswerter Beitrag zur Diskussion über eine gerechte soziale Verteilung. Obwohl die Folge in technischer Hinsicht handwerklich gekonnt inszeniert ist, kann man auch dadurch nicht über die inhaltlichen gravierenden Schwächen hinwegsehen.

Fazit: «Tatort: Friss oder stirb» möchte ein Home-Invasion-Thriller sein, der zugleich tiefere soziale Probleme ansprechen will. Leider wirkt diese Mischung unausgegoren, zumal die Charaktere unglaubwürdig und nicht ausreichend ausgearbeitet sind. Trotz eines ambitionierten Ansatzes ist dieser «Tatort» weder ein notwendiger Beitrag zur sozialen Debatte, noch zum abendlichen Fernsehprogramm.

«Tatort: Friss oder stirb» läuft am 30. Dezember 2018 um 20:15 Uhr im Ersten.

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