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«Verrückt nach Zug»: Einseitig langweilig

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Am Mittwochnachmittag startet Das Erste eine neue 14-teilige Serie, für die in Südafrika und Namibia gedreht wurde.

Das Erste ist weiterhin auf der Suche nach einem Erfolgsrezept für seinen Sendeplatz um kurz nach 16 Uhr. Während die werktags gezeigten Telenovelas im direkten Vorfeld zumeist einen guten Job machen, stürzen die im Anschluss gezeigten Zoo-Geschichten in der Regel in den unbefriedigenden Quotenbereich ab. Neue Ideen sind also gefragt – wie wäre es mit «Verrückt nach Zug»?

Der African Explorer ist ein Luxuszug, der auf einer Strecke von 3.600 Kilometern verkehrt. «Verrückt nach Zug» begleitet den Zug auf seiner Reise durch Südafrika und Namibia. Zwei Wochen lang ist das Fahrzeug mit Tempo 50 unterwegs und führt die 68 Reisenden durch traumhafte Landschaften im südlichen Afrika. 31 Crew-Mitglieder kümmern sich um das Wohlergehen der Passagiere. Wem für den Spaß das nötige Kleingeld fehlt, der kann zumindest den Reisenden in «Verrückt nach Zug» über die Schulter schauen. Klingt gut, oder?

Konkret zeigt Folge eins die Vorbereitungen der Crew kurz vor Beginn der Fahrt. Der Zuschauer wird Zeuge davon, wie der Zug beladen und gereinigt wird. Zugleich begleitet die Produktion Touristen, die ihren Urlaub in Kapstadt verbringen. Am Kap der guten Hoffnung oder beim Gleitschirmspringen lassen es sich die Reisenden gut gehen.

Gerade das ist aber vor allem eines: Ziemlich langweilig.

Leider bleibt nach der ersten Folge von «Verrückt nach Zug» vor allem der Eindruck hängen, dass die hr-produktion weder informativ noch besonders unterhaltsam ist. Sie ist vor allem belanglos und kommt an vielen Stellen wenig differenziert daher. Wenn etwa von den „offenen Menschen Südafrikas“, der „bewährten afrikanischen Gelassenheit“ oder der „unbekannten Welt Afrikas“ die Rede ist, dann mag das ziemlich exotisch klingen. Es vernachlässigt aber, dass Afrika ein unheimlich vielschichtiger Kontinent mit mehr als 50 Staaten ist. Dass Südafrika allein ein ziemlich komplexes Land ist. Und besonders Kapstadt ein Ort, der so vieles vereint - der aber sicherlich nicht auf derart plumpe Wendungen herunter gebrochen werden kann.

Südafrika und vor allem Kapstadt sind unheimlich vielschichtig. Man denke nur an das pulsierende Nacht-Leben auf der Long Street, den Tafelberg, die Gefängnisinsel Robben Island vor Kapstadt, auf der der südafrikanische Freiheitskämpfer Nelson Mandela viele Jahre inhaftiert war und so weiter und so fort. Obwohl die erste Folge komplett in Kapstadt spielt, fällt das alles in «Verrückt nach Zug» leider unter den Tisch.

Auch die Wasserknappheit in Kapstadt, die Anfang des Jahres selbst die deutschen Medien erreichte, wird in der Produktion noch nicht einmal angeschnitten. Ironie des Schicksals: «Verrückt nach Zug» wurde ausgerechnet im Februar und März dieses Jahres gedreht – zu einem Zeitpunkt also, als das Wasser in Kapstadt langsam aber sicher bedrohlich knapp wurde.

Über den Autor

David Grzeschik schreibt seit 2011 als freier Mitarbeiter für Quotenmeter.de. Seinen Urlaub verbrachte er im Februar und März dieses Jahres im südlichen Afrika. Die Strecke von Kapstadt in Südafrika nach Windhoek in Namibia legte er zwar nicht mit dem African Explorer zurück, dafür aber mit dem deutlich günstigeren Fernbus.
Dass viel mehr möglich gewesen wäre, zeigt indes das Ende der ersten Folge. Hier trifft eines der Crew-Mitglieder des African Express, Senele, auf seine Frau, die er aufgrund seines Jobs nur selten sieht. Die Kamera zeigt das letzte Aufeinandertreffen der beiden, bevor sie sich längere Zeit nicht sehen werden. Es ist ein sehr kleiner, aber ziemlich spannender Einblick in den Alltag eines südafrikanischen Paares, den der Zuschauer hier gewährt bekommt. An dieser Stelle wird deutlich, dass «Verrückt nach Zug» viel tiefer in den südafrikanischen Alltag hätte eintauchen können anstatt deutsche Touristen beim Gleitschirmspringen zu zeigen.

Das wäre nicht nur ehrlicher gegenüber Südafrika gewesen. Es wäre für die Zuschauer schlicht auch sehr viel spannender.

Das Erste zeigt «Verrückt nach Zug» ab Mittwoch, 15. August, immer werktags um 16.10 Uhr.

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